Was interessantes für Zwischendurch

Damit wir die Diskussionen rund um antimilitaristische Aktivitäten auch weitertragen können posten wir heute einen spannenden Beitrag einer Diskussionsrunde zwischen pbi/nonviolent peaceforce und VertreterInnen “deutscher Friedensbewegung”. Vieles an den Darstellungen, der Sprache, die verwendet wird oder gar den dahinterliegenden Überzeugungen können und sollten kritisch diskutiert werden (vor allem vor dem Hintergrund selbsterklärter gewaltfreier Kommunikation). Dies kann ein Aufschlag dafür sein, die Debatten rund um ziviles Engagement auch hier in Marburg wieder zu verstärken.

Hört selber rein… hier gehts zum Link bei den Freien Radios:

Zivil statt militärisch. Instrumente gewaltfreier Intervention

 

Widerspruch zur „Internationalen Konferenz: Rückkehrende aus dem Einsatz“

Stellungnahme und kritische Gedanken des AK Zivilklausel an der Uni Marburg

hier zum Download

Marburg, 30.Mai.2016

Im Sommer diesen Jahres – vom 07.-09.07.2016 – soll die hier benannte Konferenz1 unter Mitwirkung und Ausrichtung durch das Zentrum für Konfliktforschung Marburg (ZfK) stattfinden. Schon jetzt lässt sich an den angekündigten Vorträgen sowie anhand der Involviertheit vieler Redner*innen in militärische Institutionen und militärische Forschung eine klare Ausrichtung der Konferenz erkennen: Die permanenten deutschen Kriegseinsätze mit immer mehr kriegsgeprägten Rückkehrenden nach Deutschland sollen als Normalität in die Gesellschaft integriert werden. Anstatt Kriege als Ursache auch für traumatisierte und verletzte deutsche Soldat*innen grundsätzlich zu kritisieren, sollen die Folgen in Deutschland möglichst reibungslos eingegliedert werden. Kriege der Bundeswehr gegen Menschen in aller Welt werden als schlichte Realität hingenommen und dadurch legitimiert.

Entsprechend dieser inhaltlichen Ausrichtung hat sich die katholische Militärseelsorge bereit erklärt, die Konferenz zu finanzieren. Diese kirchliche Institution ist vollständig in die Bundeswehr eingegliedert, die beschäftigten Pfarrer werden vom Verteidigungsministerium bezahlt und nehmen an Auslandseinsätzen teil. Auch bei anderer Finanzierung wäre die Konferenz aufgrund ihres Inhaltes unbedingt zu kritisieren. Dieser Hintergrund verschärft die Kritik jedoch deutlich.

Kontext: Deutschland im Krieg

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, Deutschland international als Großmacht zu etablieren. Für diese Politik ist es elementar, über eine schlagkräftige Armee zu verfügen. Machtpolitische Interessen und die wirtschaftlichen Interessen weniger Großkonzerne sollen auch mit Gewalt durchsetzbar sein – die Sicherheit der Mehrheitsbevölkerung ist dabei zweitrangig. In diesem Sinne wurde die Bundeswehr seit den 1990ern weg von der tatsächlichen Landesverteidigung und hin zu einer sogenannten „Einsatzarmee“ entwickelt. Sie ist darauf ausgerichtet, in andere Staaten militärisch einzugreifen und die Lage dort ohne Berücksichtigung der einheimischen Bevölkerung nach politischen Vorgaben von außen zu beeinflussen. Die kürzlich beschlossene enorme Erhöhung des Militärbudgets sowie der ohne wirkliche parlamentarische Debatte beschlossene Einsatz in Syrien und die Pläne für eine Kriegsbeteiligung in Libyen sind besorgniserregende Zeichen für die Ernsthaftigkeit dieser militaristischen Pläne.

Teil der Kriegsvorbereitungen ist es auch, die eigene Bevölkerung auf die neue Realität der ständigen deutschen Kriegseinsätze einzustellen. Über großangelegte Werbekampagnen der Bundeswehr und das Schlagwort der „deutschen Verantwortung“ soll militärische Gewalt legitimiert werden – eine „Verantwortung“, die sich jedoch immer auf Kriegseinsätze und nie auf z.B. gerechtere Handelsbeziehungen ohne ausbeuterische Verträge oder ein Ende der Abschottung Europas bezieht.

Forschung im Dienste militaristischer Politik

Die Konferenz „Rückkehrende aus dem Einsatz“ stößt in dieselbe kriegsnormalisierende Richtung. Initiiert wurde sie von Frau Dr. Näser-Lather. Sie war selbst als Reserveoffizierin der Bundeswehr in Afghanistan und befasst sich auch in ihrer Forschung mit der gesellschaftlichen Eingliederung der deutschen Armee, indem sie unter anderem zur „Vereinbarkeit von Familie und Dienst“ für Soldat*innen publiziert. Die weiteren Organisatoren – Prof. Bonacker und Prof. Daxner – haben als Herausgeber des Sammelbandes „Interventionskultur“ Überlegungen angestellt, wie militärisch besetzte Gesellschaften am besten stabil gehalten werden können. Auch viele der anderen Redner*innen sind entweder Mitglieder militärischer Organisationen oder forschen unkritisch in deren Interesse. So ist Frau Dr. Seiffert direkt bei einem Bundeswehrinstitut2 beschäftigt und forscht dezidiert mit dem Ziel „die Einsatzvorbereitung, die Auftragserfüllung vor Ort und die Integration von Einsatzsoldaten nach der Rückkehr zu verbessern“3.

Dementsprechend lassen auch die im Tagungsprogramm vorgesehenen Redebeiträge jede kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Krieg“ als Ursache für die Probleme Kriegsrückkehrender vermissen. Vielfach werden die Narrative und Methoden behandelt, mit denen Soldat*innen selbst und ihre Gesellschaften mit der Kriegsbeteiligung und ihren Folgen umzugehen versuchen. Die Frage, ob die Probleme dieser Soldat*innen nicht auch die unvermeidliche Konsequenz davon sind, dass sie von der Bundesregierung in nicht zu rechtfertigende Kriege mit all ihren Schrecken geschickt wurden, wird nicht einmal gestellt. Das Ziel scheint nur die etwas reibungslosere Eingliederung von Rückkehrenden zu sein. Es sollen die Symptome soweit bekämpft werden, dass die Ursache – der Krieg – weiter intakt gelassen werden kann.

Dabei ist das Thema der Kriegsrückkehrenden – und auch ziviler Kriegsrückkehrender – durchaus wichtig genug, um wissenschaftlich behandelt zu werden. Geschieht dies jedoch wie auf dieser Konferenz unter Ausklammerung des Krieges als eigentlicher Ursache und völlig unkritisch bis tendenziös, so wird damit Krieg normalisiert. Auf dieser Tagung wird Forschung in den Dienst einer militaristischen Politik gestellt. Besonders besorgniserregend ist, dass zusätzlich die Gründung eines „Netzwerkes ,RückkehrerInnen‘“ vorgesehen ist, mit dem eine Forschung dieser Stoßrichtung weiter gestärkt würde.

Protest gegen die Vereinnahmung unserer Universität

Wir lehnen daher die Konferenz „Rückkehrende aus dem Einsatz“ in ihrer angekündigten Form und mit der Finanzierung durch die katholische Militärseelsorge vollkommen ab. Wir protestieren gegen die Vereinnahmung der Strukturen des Zentrums für Konfliktforschung für militaristische Zwecke. Die Entscheidung, diese Konferenz von Seiten des Zentrums zu unterstützen ist keineswegs transparent getroffen worden. Es ist außerdem nicht hinnehmbar, dass die Philipps-Universität mit dem Sprachatlas ihre Räumlichkeiten für eine solche Tagung hergibt.

Forschung über Kriege, ihre Ursachen und Folgen, ist dringend notwendig. Genauso wie es wichtig ist, durch Bildungsarbeit an der Problematisierung von Gewaltverhältnissen zu arbeiten, oder sich gar explizit an einer Krieg überwindenden Forschung zu beteiligen. Forschung für den Krieg jedoch ist nicht zu rechtfertigen!

Wir stellen uns gegen alles, wofür diese Tagung steht! Wir fordern Frau Naser-Läther, Herrn Daxner und Herrn Bonacker als verantwortliche Personen sowie das ZfK und die Universität Marburg als tragende Institutionen auf, diese Konferenz abzusagen!

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1   Siehe Konferenzankündigung unter:
2 Dem „Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr“.

SOLIDARISCHE MITUNTERZEICHNENDE:

  1. Aachener Friedenspreis e.V.
  2. Antikriegsbündnis Aachen (AKB)
  3. Fachschaft des Centrums für Nah- und Mitteloststudien (CNMS), Uni Marburg
  4. Fachschaft Politik der Uni Tübingen
  5. Initiative “Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit” (NatWiss)
  6. Paech, Norman: Bis 2003 Professor für öffentliches Recht an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik, langjähriger Friedensaktivist
  7. Ruf, Werner: bis 2003 Professor an der Universität Kassel, Politologe und Friedensforscher.
  8. Skischus, Frank: Sprecher Bundesausschuss Friedensratschlag, Kassel
  9. Wirl, Lucas: Geschäftsführer der NaturwissenschaftlerInnen Initiative “Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit” (NatWiss)

Senatskommission “Forschung und Verantwortung” verschleppend langsam

Anfang 2015 traten die Grundsätze zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken an der Universität Marburg in Kraft (lest hier unsere Kommentare dazu).

Mit ihnen wurde die Senatskommission “Forschung und Verantwortung” ins Leben gerufen. Diese Kommission ist das zentrale, verfasste Gremium, welches für die Umsetzung der Grundsätze zuständig ist. Die Kommission ist unter anderem damit beauftragt den kritischen Diskurs über militärische Forschung an der Universität lebendig zu gestalten, die Grundsätze auf allen Universitätsebenen publik zu machen (u.a. über die Etablierung des Themas “verantwortliche Forschung” in den Studienordnungen der Fachbereiche) und ihre Umsetzung innerhalb wie außerhalb der Universität zu bewerben.

Trotzdem ist schon in den Formulierungen der Grundsätze sowie dem Grundauftrag der Kommission eine Verschleppung und Glättung des kritischen Themas Militärforschung und -lehre angelegt. Der ganze Entstehungsprozess mit der strikten Ablehnung einer zivilen Positionierung seitens der Uni-Leitung sowie die vorgesehene, passive Rolle der Kommission bei bekanntwerdenden Fällen von militärischer Forschung oder Lehre deuteten schon darauf hin.

Passiert ist dementsprechend seit Beginn 2015 de facto Nichts!

Im April und Mai wurden endlich die Mitglieder der Kommission im Senat der Uni gewählt. Bis die Kommission ihre Arbeit aufnahm dauerte es ein weiteres halbes Jahr. Am 19. November fand die konstituierende Sitzung der Kommission statt. Detailliert ausgearbeitete Vorschläge für die Umsetzung des gerade skizzierten Programms von Seiten des AK Zivilklausel (über den studentischen Vertreter eingebracht) wurden erst einmal nach hinten geschoben – zuerst sollte eine Geschäftsführung vereinbart werden. Unter anderem wurden Siegfried Bien zum Vorsitzenden gewählt und Nicht-Öffentlichkeit als Gebot beschlossen.

Das Protokoll ist erst über vier Wochen nach der Frist gemäß der Geschäftsordnung an die Mitglieder der Kommission zur Weiterarbeit verschickt worden und entgegen der Absprache wurde der nächste Sitzungstermin in die vorlesungsfreie Zeit gelegt – eine strukturelle Benachteiligung kritischer, studentischer Stimmen. Dies ist nicht nur eine Verspätung des abgemachten, spätesten Sitzungstermins um zwei Wochen, sondern auch eine strukturelle Benachteiligung kritischer, studentischer Stimmen.

Auch wenn die Kommission sich also formal endlich zusammengefunden hat, ist bisher – über ein Jahr nach dem konstituierenden Senatsbeschluss – noch überhaupt nichts passiert, um die ohnehin schon geringen Vorgaben des Senates für eine etwas zivilere Universität umzusetzen.

Die scheinbar nur wenig motivierte Arbeitsweise geben sogar eher Grund zur Sorge, dass eine ernsthafte und von dem Wunsch nach friedensfördernder Forschung geleitete Umsetzung des Senatsbeschluss von den meisten Beteiligten überhaupt nicht wirklich gewollt ist.

Wir bemängeln die Vernachlässigung des Themas “Forschung und Verantwortung”. Auch wenn wir mit den Grundsätzen in vielen Punkten nicht übereinstimmen, ist es skandalös, dass sogar die wenigen inhaltvollen, stichhaltigen Punkte nicht umgesetzt werden. An unserer Uni wird das Thema Militarisierung der Hochschule weiterhin schlicht ignoriert und ausgesessen. Es herrscht “business as usual”.

Internationale Woche gegen die Militarisierung der Jugend

Eine Mitteilung der DFG-VK Hessen:

INTERNATIONALE AKTIONSWOCHE GEGEN DIE MILITARISIERUNG DER JUGEND

14. bis 20. November 2015

Die War Resisters’ International, das weltweite pazifistische und antimilitaristische Netzwerk mit mehr als 80 Mitgliedsorganisationen in 40 Ländern, organisiert in diesem Jahr die 2. Internationale Aktionswoche gegen die Militarisierung der Jugendvom 14. bis 20. November. Die Woche ist eine vereinte Anstrengung von AntimilitaristInnen der ganzen Welt, um Aufmerksamkeit darauf zu lenken und zu kritisieren, wie junge Menschen militarisiert werden, und die Stimme für Alternativen zu erheben.

Bisher sind Aktionen und Veranstaltungen in Deutschland, England, Finnland, Katalonien, Kolumbien, Nepal, Neuseeland, Schweden, den USA (New York, Wisconsin, Guam) und der Türkei bekannt geworden.
<http://antimili-youth.net/de/node/740>

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Termine in Deutschland (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

KÖLN: Freitag, 13. November 2015
Israel: Gegen Krieg und Militarisierung. Veranstaltung mit den KriegsdienstverweigerInnen Tair Kaminer und Yaron Kaplan
19.30 Uhr, Naturfreundehaus, Kapellenstr. 9a, 51103 Köln-Kalk (KVB: Kalk-Kapelle). Veranstaltet von Friedensbildungswerk Köln, Kölner Friedensforum und Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Köln
http://www.dfg-vk-hessen.de/bildungswerk/israel-kdv/

BREMEN: Dienstag, 17. November 2015
Israel: Gegen Krieg und Militarisierung.Veranstaltung mit den KriegsdienstverweigerInnen Tair Kaminer und Yaron Kaplan
19 Uhr, Überseemuseum, Bahnhofsplatz 13, 28195 Bremen. Veranstaltet von: AK Nahost, Bremer Friedensforum, Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz), Deutsch-Palästinensische Gesellschaft Bremen e.V., Nahost-Forum Bremen
http://www.dfg-vk-hessen.de/bildungswerk/israel-kdv/

MAINZ: Donnerstag, 19. November 2015
Kundgebung: Gegen die Militarisierung der Jugend
mit Infostand und Live-Musik von Strohfeuer Express
117er Ehrenhof, 9.30 bis 14 Uhr
Kundgebung der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK Mainz)
http://www.dfg-vk-mainz.de/aktuell/gegen-militarisierung-der-jugend/

FRANKFURT/M: Freitag/Samstag 20./21. November 2015
Protest gegen Bundeswehrwerbung bei der Berufsbildungsmesse azubi-und-studientage
www.dfg-vk-hessen.de/aktuell/gegen-militarisierung-der-jugend/

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DAS MILITÄR IST ÜBERALL!
Heute sehen wir SoldatInnen überall, von Schulen und Universitäten bis hin zu Job- und Karrieremessen. „Militainment“-Veranstaltungen sind üblicher als je in vielen Ländern, wo wir sehen, dass die Militärs Krieg Kindern und Jugendlichen als „unterhaltsames“ Geschäft präsentieren. Unsere öffentlichen Räume sind lange belegt von Monumenten und Statuen, die mehr den Krieg glorifizieren als die Jugend an die Opfer und Zerstörungen des Krieges erinnern. Die Beispiele sind zahlreich und verlangen weitere Aktionen und Erforschung.

Mehr zur Aktionswoche
www.dfg-vk-hessen.de/aktuell/gegen-militarisierung-der-jugend/
www.dfg-vk-rlp.de/aktuell/gegen-militarisierung-der-jugend/
www.wri-irg.org
www.wri-irg.org/node/25159
www.antimili-youth.net/de/node/740#comments]

Mehr zur Militarisierung der Jugend

auf Englisch: www.antimili-youth.net <http://www.antimili-youth.net>

auf Deutsch: www.antimili-youth.net/de <http://www.antimili-youth.net/de>

auf Spanisch: www.antimili-youth.net/es] <http://www.antimili-youth.net/es]>

Widerstand, Verweigerung, Krieg

Liebe Alle,

am 15 Mai ist der Internationale Tag der Kriegsdienstverweigernden Menschen. An diesem Tag wird international dazu aufgerufen fuer eine friedliche und antimilitaristische Welt zu arbeiten.

lest dazu folgendes zur Geschichte des Tages.

viele Aktionen weltweit wird es dazu geben, vielleicht auch in Hessen. Schaut euch mal um!

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Nur 5 Tage spaeter wird in Koeln die ITEC stattfinden, eine der grossen Ruestungsmessen. Protest und Aktionen gegen diese Formen der Werbung fuer und des Ausbaus von militaerischem Engagement ist immer notwendig und muss dringend unterstuetzt werden. Mehr Informationen dazu:

BUNDESWEHR WEGTRETEN

 

krieg beginnt hier

Vertretung in der Kommission “Forschung und Verantwortung”

Liebe Interessierte,

wir freuen uns euch mitzuteilen, dass sich die Stellen der Kommission “Forschung und Verantwortung”, die durch die Grundsätze zum selben Thema verfasst wurde, langsam besetzt werden. Während einige Stellen noch offen bleiben, ist die studentische Stelle durch Zhou Ji Chen besetzt. Vertreten und unterstützt wird er durch ein aktives AK-Zivilklausel-Mitglied, John Preuss.

Wir freuen uns auf konstruktive, vertretende Mitarbeit, vor allem um den uni-internen Diskurs auch durch die Kommission mit anzutreiben. Unser Anspruch ist hierbei kritisch unsere Ziele vor allem auch außerhalb der Kommission weiterzuverfolgen und für den Frieden und gegen eine weitere Militarisierung der Hochschule einzutreten.

Solidarische Grüße!

Kommentierung der vom Senat verabschiedeten Grundsätze – endlich!

Die Philipps-Universität hat (so etwas wie) eine eigene Zivilklausel!

Zwar mag das von Seite der universitären Verwaltung kein Mensch so nennen, de facto haben die Diskussionen des vergangenen Jahres und auch der Druck der Studierendenschaft aber genau dies bewirkt: Am 17. Dezember 2014 verabschiedete der Senat der Uni eine Zivilklausel, mit einer ziemlich ausformulierten Erörterung darüber.

Genannt wird das Gesamtpaket in Zukunft „Grundsätze und Verfahrensregeln der Philipps-Universität zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken“. Im Folgenden möchten wir die zentralen Punkte der Grundsätze zusammenfassen und jeweils im Anschluss eine Bewertung der Stärken und Schwächen vornehmen.

Die vollständigen Grundsätze findet ihr unter:

http://www.uni-marburg.de/administration/amtlich/02_2015.pdf.

Wir fassen zusammen:

  1. Zivilklausel

„Die Philipps-Universität Marburg bekennt sich darin zu ihrer Verpflichtung, zum Schutz verfassungsrechtlich gesicherter Güter – der Menschenwürde sowie der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt (Artikel 1 Absatz 1 und 2 Grundgesetz) beizutragen. Sie bekennt sich weiter zur Förderung des friedlichen Zusammenlebens der Völker und somit zu dem Verbot aller Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten (Artikel 26 Abs. 1 Grundgesetz). Forscherinnen und Forscher müssen sicherstellen, dass ihre Forschung nicht unmittelbar der Vorbereitung oder Führung eines Krieges dient.“

Dieser Teil stellt den für uns zentralsten Abschnitt der Grundsätze dar. Wie in klassischen Zivilklauseln werden hier Grundsätze und Leitlinien der universitären Forschung definiert. Besonders hervorgehoben werden die Menschenrechte, Frieden und Gerechtigkeit. Darüberhinaus wird eindeutig formuliert, dass die Vorbereitung von (Angriffs-)kriegen verboten ist. Leider wird der Abschnitt abgeschlossen mit einem Satz, der die Forscher_innen nur dazu verpflichtet sicherzustellen, dass ihre Forschung nicht „unmittelbar“ der Vorbereitung von Kriegen dient. Obwohl dieser Satz unserer Meinung nach im Widerspruch zum Beginn des Abschnitts steht, sehen wir die Gefahr des Missbrauchs desselben. Forscher_innen müssen sich auch der Folgen bewusst sein, die ihre Forschung mittelbar haben kann. Mit diesem Satz hätte auch argumentiert werden können, dass das mittlerweile sehr bekannte, vom US-Verteidigungsministerium finanzierte Heuschreckenprojekt in der Biologie nicht unmittelbar Kriegen dient. Die Grundsätze werden durch dieses Wort leider kalkuliert (das war unser Eindruck) unterhöhlt.

Gleichzeitig wird an einer anderen Stelle auch der Schutz vor der mittelbaren Gefahr für die oben genannten Verfassungsgüter betont:

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen daher eine – unmittelbare und mittelbare – Schädigung von schutzwürdigen Gütern soweit wie möglich vermeiden oder vermindern.“

  1. Forschungskooperation – mit wem?

„Maßnahmen zur Risikominimierung können auch darin bestehen, dass einzelne Forschungen nur für oder nur mit bestimmte(n) Kooperationspartner(n) im In- und Ausland durchgeführt werden. Zur objektiven Einschätzung sollen hier insbesondere die SIPRI‐Liste (Ranking der größten Rüstungshersteller des Stockholm International Peace Research Institute – SIPRI) und Ausfuhrverbote der Bundesregierung dienen.“

Unserer Meinung nach gefährden Forschungen für Verteidigungsministerien und Militärs generell die oben genannten Verfassungsgüter und unmittelbar wie auch mittelbar den Frieden. Kooperation mit ihnen sollte demnach logischerweise auch umgangen werden. Für einen Überblick, welche weiteren Institutionen kriegerische Verantwortung tragen können, erscheint uns auch die SIPRI-Liste als sinnvoller Anhaltspunkt. Dennoch darf auch hier die Debatte um Rüstungsgüter nicht anhalten: eigenständige und fortgesetzte Bemühungen der Universität, sich mit den Versuchen der Beeinflussung auseinanderzusetzen, sind aus unserer Sicht auch weiterhin einzufordern. Zum Beispiel muss auch der direkte Einfluss kleinerer Rüstungsproduzenten ausgeschlossen werden können.

  1. Transparenzgebot

„Eine wissenschaftlich erfolgreiche Forschung erfordert weiter Transparenz (Transparenzgebot), vor allem durch einen freien Informationsaustausch und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen.“

Forschung ist in aller Regel zu veröffentlichen und die Publikationsrechte liegen bei den Forschenden. Dies ist eine Stärke der Grundsätze. Nur in krassen Fällen, in denen die Veröffentlichung selbst Gefahr bürgen würde (wie z.B. im Fall mancher Virenforschung), kann sie verschoben oder (teils) unterbunden werden.

 

  1. Verantwortung von Forschung in Curricula und Öffentlichkeit

„Die Philipps-Universität Marburg sieht die Notwendigkeit und Anforderung an sich selbst als Institution, die Rechtsvermittlung und -bewusstseinsbildung aktiv zu unterstützen. Bereits Studierende sollen nicht nur in die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis eingewiesen werden, sondern gleichermaßen in den verantwortungsvollen Umgang mit Forschung. Dies soll in den Curricula der Studiengänge verankert werden.“

Darüberhinaus bietet MARA (Marburg Research Academy) für Wissenschaftler_innen in allen Qualifizierungsphasen Fortbildungen an. Neuberufene Profs sollen über die Grundsätze informiert werden und die Uni führt regelmäßig Veranstaltungen zur Sensibilisierung durch.

  1. Ethikkommission und Forschungsfreiheit

„Die Philipps-Universität Marburg richtet eine unabhängige hochschulinterne Kommission „Forschung und Verantwortung“ ein [, um] in ethischen Zweifelsfragen im Zusammenhang von Forschungsaktivitäten zu beraten und ggf. zur Wahrung ihrer Rechte beizutragen.“

Die Kommission kann keine bindenden Entscheidungen bezüglich der Fortführung der Forschung treffen, allerdings kann sie Empfehlungen aussprechen. Sie kann von allen am betroffenen Projekt beteiligten Menschen mit der Prüfung befasst werden. Dabei müssen die von der Prüfung betroffenen Forscher_innen von diesem Vorgang unterrichtet werden. Darüberhinaus ist sie damit beauftragt unter anderem durch öffentliche Veranstaltung über die Grundsätze zu informieren und die Diskussion um das Thema der Verantwortung von Wissenschaft an der Uni weiterhin zu unterstützen. Die Zusammensetzung der Kommission ist bei einer Professor_innenmehrheit 4:1:1:1 (Profs, Mittelbau, Studis, Verwaltung/Technik). Entscheidungen sind sowohl mit einer Mehrheit der sieben Stimmen als auch gleichzeitig mit einer Mehrheit der Profs zu verabschieden. Expert_innen können beratend hinzugezogen werden. Diese undemokratische Zusammensetzung und das Quorum kritisieren wir kräftig!

  1. Whistleblowing/Informantin

„Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber (so genannte Whistleblower) dürfen daraus keine Nachteile für das eigene wissenschaftliche und berufliche Fortkommen erfahren.“

Das Zitat spricht für sich. Die Kommission kann dabei eigentlich „nur“ von Mitarbeiter_innen im jeweiligen Projekt angerufen werden. An anderer Stelle betonen die Grundsätze allerdings, dass jede_r Angehörige der Philipps-Universität die Projektverantwortlichen, auch deren Vorgesetzte, den Fachbereichsrat oder „ein zentrales Organ der Universität“ unterrichten kann.

  1. Forschungsverzicht als letztes Mittel

„Im Einzelfall kann die verantwortliche Entscheidung der Forscherin oder des Forschers allerdings zur Folge haben, dass – falls keine anderen Schutzmechanismen bestehen – ein hochrisikoreiches Projekt erst nach einem Forschungsmoratorium zu einem späteren Zeitpunkt oder auch gar nicht durchgeführt wird, selbst wenn ihm kein gesetzliches Verbot entgegensteht.“

„Hochrisikoreich“ für Menschenrechte und das friedliche Zusammenleben der Menschen sind definitiv Projekte im Auftrag oder durchgeführt für militärisch relevante Institutionen und Unternehmen. Sie sind auch aus dem Text der Grundsätze heraus abzulehnen.

  1. Weitere Fortführung der Diskussion, kontinuierliche Anpassung

„Die hochschulinterne Kommission „Forschung und Verantwortung“ fördert die Verbreitung der hier formulierten „Grundsätze und Verfahrensregeln“ und beteiligt sich an der Konzeption von Veranstaltungen für die Mitglieder der Universität und die Öffentlichkeit [und] regt den interdisziplinären Diskurs an.“

Als durch die Grundsätze institutionalisiertes Gremium hat nun die Kommission die Aufgabe den öffentlichen Diskurs an der Uni weiterhin anzuregen. Gleichzeitig liegt es in der Verantwortung aller kritischen Angehörigen der Universität sich darauf nicht auszuruhen und weiterhin für friedliche Wissenschaft in Marburg zu engagieren, die Augen und Ohren offenzuhalten und die Stimme zu erheben. Der öffentliche Auseinandersetzung entsteht erst durch unsere öffentliche Beteiligung.

Generelle Kritikpunkte:

Die verabschiedete Zivilklausel verankert zwar Grundsätze der Forschung und nimmt die gesamte Universität (darunter verstehen wir auch die Verwaltungsebenen) in die Verantwortung, für deren Einhaltung Sorge zu tragen, ein generell antimilitaristisches Argument findet sich aber nirgends. Es wird auch hier weiterhin an der Möglichkeit der Selbstverteidigung und der generellen Möglichkeit des Krieges festgehalten. So sehr wir verstehen, dass daraus auch ein gesellschaftliches Spiegelbild spricht, so sehr kritisieren wir den fortgesetzten Glauben in die Berechtigung zu Gewaltmitteln. Der Besitz, Anwendung und Ausbau der Gewaltmittel für jegliche Parteien öffentlichen wie privaten Lebens sind unseres Erachtens abzulehnen. Auch diesem Grundsatz sollte sich universitäres Handeln eigentlich einstimmig verpflichtet fühlen.

Selbst wenn der Staat als gesellschaftliche Realität besteht und sich formell auf die Legitimität des Gewaltmonopols gründet, so ist die Durchsetzung durch Gewaltmittel zu kritisieren. Art.1 GG muss auch für den Besitz an Gewaltmitteln gelten.

Die Grundsätze der Universität umfassen nicht die Lehre, die Ausrichtung auf den Frieden ist nicht damit verknüpft, was gelehrt wird. Indirekt erkennen wir in der Aufklärung der Studierenden über negative Auswirkungen und die Ethik der Forschung auch den Willen, sich mit der Lehre zu beschäftigen, den Sprung hin zu einer proaktiv friedlichen Lehre (egal, ob nun dem Frieden dienlich, auf den Frieden ausgerichtet, friedlich, den Frieden zum Ziel habend, oder andere Formulierungen) allerdings gehen die Grundsätze nicht mit.

Darin erkennen wir einen grundlegenden Mangel der Zivilklausel. Neben militaristischen Strukturen innerhalb der Universität (Hochschulgruppen) gibt es auch kontinuierliche Versuche, die Universitäten zu Rekrutierungsposten für das Militär zu machen. Das ist international Praxis und umfasst vielerlei Lebensbereiche. Die Normalisierung des Militärs und anderer gewaltvoller Akteure beginnt oft schon in der Schule durch den Einsatz der Jugendoffiziere. In Deutschland sprach lange das Argument des „Bürgers in Uniform“ (sic!, im Übrigen auch gänzlich ohne Themen wie geschlechterbasierte oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit beziehungsweise Rassismus mit einzubeziehen) für eine aktive Auseinandersetzung mit dem Militär. Dass jedoch genau dieses Bild des „Bürgers in Uniform“ auch zu einer verharmlosenden Normalisierung der Gewaltstrukturen von Gesellschaft und Staat führt, wurde nur sehr selten kritisiert.

Dieser Normalisierung muss auch in der Lehre an der Universität Einhalt geboten werden. Damit wollen wir keinesfalls dafuer plädieren, Lehrinhalte zu verbieten, sondern vielmehr, gemeinsam in einen reflektierten Umgang mit den Themen der Gewalt, Waffen und Militärischer Strukturen zu treten. Weshalb erscheint es notwendig, das Militär in Veranstaltungen einzuladen? Welche Probleme ergeben sich für Forschung und Lehre, wenn Strukturen des Militärs (aber auch anderer Akteure) sich in universitäre Belange einzumischen versuchen?

Grundsätze verabschiedet

Liebe Alle,

entschuldigt die nun schon fast eine Woche verspätete Meldung. Der Senat der Uni hat am vergangenen Mittwoch ohne Gegenstimme (bei zwei Enthaltungen) die “Grundsätze und Verfahrensregeln der Philipps-Universität zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken” verabschiedet. Dies stellt im Groben schonmal eine Verbesserung in der Verfassung der Phlipps-Universität dar. Laut diesen Grundsätzen soll das Thema des verantwortungsvollen Umgangs mit Forschung in die Lehre aller Bachelor- und Masterstudiengänge eingebunden werden. Außerdem wird eine beratende Kommission aus allen Statusgruppen gegründet, die bei strittigen Projekten ihre Meinung kundtun kann und den Diskurs an unserer Hochschule zu dem Thema im Allgemeinen beleben soll.

Eine etwas ausführlichere Erörterung und eine Bewertung, an welchen Stellen es unserer Meinung nach noch hakt, erhaltet Ihr an gleicher Stelle Anfang des neuen Jahres!

Wir wünschen schöne freie Tage!

Euer AK

Senatssitzung Mittwoch

Liebe Menschen,

am Mittwoch wird ab 14.15 Uhr im Senatssitzungssaal (Biegenstraße 12) die nächste Senatssitzung stattfinden. Unter Tagesordnungspunkt 11 wird womöglich vorerst das letzte Mal über die “Grundsätze zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken” – dem Ersatz für die nicht in Erwägung gezogene Zivilklausel – gesprochen und diese dann unter Umständen verabschiedet (obwohl die angekündigte weitere, offene Gesprächsveranstaltung bisher nicht stattgefunden hat). Wie angekündigt haben wir weitere Änderungsvorschläge in Zusammenarbeit mit den studentischen Senator_innen eingereicht, welche unserer Meinung nach essentielle Belange in diesem Feld benennen (s.u.), und werden diese Punkte am Mittwoch starkmachen. Es wäre schön, wenn möglichst viele Zivilklauselunterstützer_innen den Weg zur Sitzung auf sich nehmen würden. Wir freuen uns jedenfalls auf eine hoffentlich produktive Diskussion. Laut Tagesordnung findet vor Punkt 10 (dieser ab ca. 15.20 Uhr) eine Pause statt, sodass wir Menschen nicht zwangsläufig schon ab 14 Uhr anwesend sein müssen (vorbehaltlich Programmänderungen), sondern eher so kurz nach 15 Uhr. Die aktuelle Einladung findet ihr unter: http://www.uni-marburg.de/administration/gremien/senat/einladung/aktuell.pdf.

Bis Mittwoch!